Entwicklungsgeschichte
Das lokale Aktionsbündnis
„Gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe“
Das Aktionsbündnis gründete sich Ende der 1990 er Jahre aus der Notwendigkeit heraus, dass es nur mit der organisierten und gebündelten Kraft eines Bündnisses von Demokraten aus der Region möglich war, die wiederholten, massiven Aufmärsche von Neonazis und rechten Akteuren zum größten deutschen Soldatenfriedhof in Deutschland Einhalt zu gebieten. Es galt zu verhindern, dass die vor allem auf Initiative von Neonazis aus den Altbundesländern und insbesondere aus Hamburg für 20 Jahre angemeldeten Aufmärsche, durchgeführt werden können.
Die bisherigen Demonstrationen verherrlichten die faschistische Ideologie und leugneten die von der Wehrmacht und den Verbänden der Waffen-SS begangenen Kriegsverbrechen. Es ging darum, ganz im Sinne der Inschrift auf dem Gedenkstein des Friedhofs
„Die Toten mahnen für den Frieden zu leben!“
zu handeln und den Missbrauch des Friedhofs nicht zuzulassen sowie die Totenruhe zu wahren.
Diesem Friedhof kommt nicht nur wegen seiner Größe eine besondere Bedeutung zu, sondern er verdeutlicht mit den beigesetzten fast 28.000 gefallenen Soldaten, wie viel Tod und Vernichtung der II. Weltkrieg den Menschen und auch den Deutschen brachte.
Es ist besonders erschreckend, in welch kurzer Zeit von nicht einmal 14 Tagen (am 16. April 1945 Beginn der Offensive der Sowjetarmee an der Oder, am 29./30. April Ende der Kesselschlacht von Halbe) und auf welch kleinem Raum bei dem damaligen Entwicklungsstand der Waffen den Menschen Tod und Vernichtung gebracht wurde.
Die heutigen Waffensysteme sind viel verheerender, sie können in einem viel kürzeren Zeitraum und einem viel größeren Gebiet das Leben vollkommen auslöschen.
Diese Tatsache und Erkenntnis motivierte das Aktionsbündnis, dem alle demokratischen Parteien sowie Gewerkschaften und örtliche Vereine angehören, gegen den Missbrauch dieses Friedhofs, den Völkerhass, gegen Revanchismus und Kriegshetze aufzutreten.
Mit dieser Zielstellung organisierte es jahrelang am Vorabend des Volkstrauertages einen „Tag der Demokraten“ auf den Straßen von Halbe mit kulturellen Darbietungen, Informationsständen über die Arbeit der demokratischen Organisationen, der lokalen Vereine sowie der Gewerbetreibenden unter dem Motto „Vielfalt tut gut im Schenkenländchen“. Dabei wurde das Aktionsbündnis maßgeblich vom landesweiten Aktionsbündnis Brandenburg „Gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus“, der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ und dem mobilen Beratungsteam sowie vom Amt Schenkenländchen und dem Landkreis Dahme-Spreewald unterstützt. Vielfach standen diese Veranstaltungen unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten. Dabei wurde das Aktionsbündnis maßgeblich vom landesweiten Aktionsbündnis Brandenburg „Gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus“, der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ und dem mobilen Beratungsteam sowie vom Amt Schenkenländchen und dem Landkreis Dahme-Spreewald unterstützt. Vielfach standen diese Veranstaltungen unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten. Neben dieser sachbezogenen materiellen Unterstützung und der unmittelbaren personellen Beteiligung bei den Aktionen erhielt das Bündnis von einer Reihe von Sponsoren, wie der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, dem Toleranten Brandenburg und der Partnerschaft für Demokratie des LDS wirksame finanzielle Hilfe.
Einen Höhepunkt bildete der Tag der Demokraten am 18. November 2006.
Auf der Hauptstraße von Halbe versammelten sich ca. 8000 Bürgerinnen und Bürger aus Brandenburg und Berlin,
die deutlich für den Stopp der Naziaufmärsche auftraten. Zu den Teilnehmern sprachen überzeugend der damalige Ministerpräsident von Brandenburg, Matthias Platzeck, Vertreter der demokratischen Parteien und das lokale Aktionsbündnis.
Sehr beeindruckend waren auch über 100 Transparente (Größe 2x1m), auf denen Schüler aus Brandenburger Schulen ihre Eindrücke und Meinungen zu Krieg, Tod, Zerstörung und besonders gegen die Naziaufmärsche zum Ausdruck brachten.
Durch diese Aktionen mit breiter Unterstützung des Landes gelang es schließlich, diese Aufmärsche zu verhindern.
Das Aktionsbündnis von Halbe wirkte auch in der auf Initiative des landesweiten Aktionsbündnisses gebildeten Expertenkommission zur Aufarbeitung der Kesselschlacht von Halbe, zur Bedeutung und Gestaltung des Soldatenfriedhofs sowie zur Abwehr der rechtsextremistischen Aufmärsche mit.
Der Expertenkommission gehörten an:
➢ das Zentrum für zeithistorische Forschung,
➢ der Zentralrat der Juden in Deutschland,
➢ der zuständige evangelische Kirchenkreis,
➢ die Gedenkstätten/ Museen Seelower Höhen, Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz,
➢ der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Landesverband Brandenburg),
➢ die Stiftung Topographie des Terrors,
➢ das Militärgeschichtliche Forschungsamt Potsdam,
➢ der Landrat des LDS,
➢ der Amtsdirektor des Schenkenländchens.
Als wissenschaftlicher Leiter wurde der damalige Direktor der Stiftung „Brandenburgische Gedenkstätten“, Prof. Dr. Günter Morsch, berufen.
Das Ergebnis der Arbeit der Expertenkommission wurde in einem Abschlussbericht zusammengefasst, der dem Landtagspräsidenten, den zuständigen Ministerien und den kommunalen Vertretern überreicht wurde.
Der Bericht enthielt u.a. die Empfehlung eine Freiluftausstellung vor dem Friedhof zu errichten. Mit dieser Ausstellung werden den Friedhofsbesuchern Tatsachen von dem Eroberungs- und Vernichtungskrieg in der Sowjetunion vermittelt, insbesondere über die dort begangenen Gräueltaten von den im Kessel von Halbe eingeschlossenen Wehrmacht- und SS-Einheiten, die unter dem kommandierenden General Busse der 9. Armee standen.
Die Errichtung dieser Freiluftausstellung wurde durch die Förderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg ermöglicht. Sie wurde anlässlich des 70. Jahrestages des Endes der Kesselschlacht im April 2015 eröffnet.
Seit diesem Zeitpunkt fanden auch durch das erfolgreiche Wirken der demokratischen Kräfte der Region sowie der administrativen Verordnungen des Landes (Bannmeile um den Friedhof) keine rechtsextremen Aufmärsche mehr statt.
Das Bündnis hält es aber für richtig und notwendig, sich weiter durch Aktionen und Bildungsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus und Völkerhass sowie gegen den Missbrauch des Friedhofs zu engagieren. Die Bildungsmaßnahmen konzentrieren sich auf Zeitzeugenberichte von der Kesselschlacht von Halbe, der Grausamkeit des Krieges sowie mit geschichtlichen Führungen durch die zugehörige Freiluftausstellung und über den Friedhof; des Weiteren mit Veranstaltungen am Tag der Befreiung an den örtlichen Ehrenmalen im Schenkenländchen und Beteiligung an den wiederholten Einbettungen von Kriegstoten auf dem Friedhof.
Am Vorabend des Volkstrauertages organisiert das Bündnis jährlich eine dem Tag angemessene politisch, künstlerische Veranstaltung über die nazistische Gewaltherrschaft, den Vernichtungskrieg und Holocaust mit aktuellem Bezug zum Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, um auf die gegenwärtige Situation sowie die erneute Kriegsgefahr nachdrücklich aufmerksam zu machen. Den Auftakt bildete 2017 die künstlerische Darstellung, wie das Naziregime die populäre Schlager- und Filmmusik sowie bekannte Künstler der 20er und 30er Jahre für die ideologische Beeinflussung der Bevölkerung und für die Kriegsvorbereitung nutzte.
Die Veranstaltungen finden im restaurierten, historischen Kaiserbahnhof von Halbe statt; die Nutzung des Gebäudes ist dank der Unterstützung des neuseeländischen Eigentümers, Peter Macky, für das Aktionsbündnis kostenlos.